Aktuelles

“Ärzte verdienen an Arzneimittelchecks” – Kommentar von Sabine Pfeiffer zur Meldung von apotheke adhoc vom 18.11.2010


Die Mitteilung vom November ließ mich aufhorchen und ich war gespannt auf den folgenden Aufschrei aus der Apothekerschaft – doch bisher weit gefehlt.

Zum Hintergrund: Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) in Hamburg hat mit der AOK einen Passus im neuen Hausarztvertrag vereinbart, wonach die Ärzte – und nicht der Apotheker als Arzneimittelexperte – ab sofort einen Medikationscheck durchführen können, falls der Versicherte es wünscht. Die AOK stellt dem Arzt hierzu alle patientenbezogenen Daten über vier Quartale zur Verfügung, in denen auch die Verordnungen anderer Mediziner enthalten sind. Der Versicherte bringt zusätzlich seine „Hausapotheke“ mit, also alles, was man ihm in der Apotheke im Rahmen der Selbstmedikation beratend verkauft hat. Der Hausarzt soll dann, in Übereinstimmung mit den Kollegen, einen neuen Medikationsplan erstellen. Fein, zwar mit der Hilfe der Kollegen, aber ohne ausreichend pharmazeutisches Wissen? Halt, doch nicht, denn die Ärzte sollen sich schließlich regelmäßig pharmazeutisch fortbilden (also nicht mal weiterbilden)! Für den finanziellen Anreiz zum Angebot dieser Patientenzusatzleistung haben die beiden Vertragspartner gesorgt: Der Arzt darf 80 Euro für den Arzneimittelcheck abrechnen, und wenn es länger als 240 Minuten dauert, gibt es das Doppelte. Bei einem solchen Zeitaufwand pro Patient frage ich mich allerdings, wer diesen Check dann wirklich ausführen soll!

Auch habe ich da noch den Satz eines Interviews im Ohr, ich glaube es wurde geführt mit dem Inhaber der DM-Kette: „ …wir fangen an, in fremden Revieren zu wildern…“. Jetzt sind also auch noch die Ärzte unter Legitimation dabei. Da drängt sich mir die Frage auf: Soll denn der Beruf des Pharmazeuten, und wir PTA als pharmazeutisches Personal gleich mit, langsam kaltgestellt werden? Und warum wird eine solche Vereinbarung einfach hingenommen und wirft nicht genauso scharfe Reaktionen auf wie das AMNOG? Oder geht es darum, dass dieser Vertrag derzeit nur regional in Hamburg geschlossen wurde? Die Hamburger Apothekerkammer zeigt sich zwar enttäuscht, dass die AOK nun nicht mit den Apothekern, sondern den Ärzten kooperiere. Und auch der Hamburger Apothekerverein will jetzt Gespräche mit der AOK führen, für zukünftige Modelle, versteht sich. Doch leider etwas spät, denn an dem bestehenden Vertrag will und kann man nicht mehr rütteln.
Ich möchte nur zu bedenken geben: Ist dieses Projekt erst einmal etabliert, wird es ganz schnell bundesweit umgesetzt, zumal die AOK sich schon bei vielen „Gesundheitsmodellen“ als Vorreiter präsentiert hat.