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Versandhandelsverbot: Noch ist nichts in trockenen Tüchern


Liebe KollegInnen und Kollegen, ungewöhnlich schnell hat Bundesgesundheitsminister Gröhe auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs reagiert, das ausländischen Versandapotheken erlaubt, Rabatte auch auf rezeptpflichtige Arzneimittel zu geben. Er will den Rx-Versandhandel wieder komplett verbieten und hat auch schon den Gesundheitsausschuss des Bundesrates auf seiner Seite. In trockenen Tüchern ist das damit aber noch lange nicht.

Denn obwohl auch SPD-geführte Länder wie Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz für das Verbot sind, überzeugt das die sozialdemokratische Bundestagsfraktion noch lange nicht. Deren stellvertretender Fraktionsvorsitzender Professor Karl Lauterbach ist nämlich dagegen. An seiner Seite hat er dabei die Fraktion der Grünen, deren eigener Ministerpräsident in Baden-Württemberg ebenfalls für ein Verbot eintritt. Wir erinnern uns: Die rot-grüne Koalition hat die Einführung des Versandhandels 2003 beschlossen – mit Unterstützung von Horst Seehofer. Jetzt ist es ausgerechnet Bayern, das diesen Fehler heilen will. Die Union und Die Linke sind für das Verbot.

Die Argumentation von Professor Lauterbach, der ja immerhin Gesundheitsökonom ist, lässt mich schon ein wenig wütend werden. Der Versandhandel wäre doch nur ein „kleines Pflänzlein, das wir nicht erdrücken dürfen“ hat er in der FAZ gesagt. Und vor allem ärmere Bürger würden durch die Rabatte entlastet. Was ist denn das für eine Begründung? Wenn die Patienten aus den Geldern der gesetzlichen Krankenversicherung dafür belohnt werden, dass sie im Ausland bestellen, wird der Marktanteil der Versender sicher sehr schnell zunehmen. Und kann es wirklich sein, dass ein von der Zuzahlung befreiter Patient seine planbaren Medikamente aus Holland bezieht und dafür – letztlich auch aus unseren Beiträgen – Geld bekommt?

Realisiert Professor Lauterbach nicht, was wirklich auf dem Spiel steht? Hat er nicht mitbekommen, dass es schon jetzt von Jahr zu Jahr weniger Apotheken gibt? Sind ihm unsere Arbeitsplätze schlicht und ergreifend egal? Für die Akutversorgung, die Beratung und den Notdienst sollen wir weiter herhalten. Was ist denn, wenn es viele von den Apotheken, in denen wir das heute tun, gar nicht mehr gibt? Es geht um 155.000 Arbeitsplätze in Deutschland – und es geht darum, dass die Förderung der ausländischen Anbieter aus den Pflichtbeiträgen von deutschen Arbeitnehmern bezahlt werden sollen. Ich nenne das in hohem Maße ärgerlich, nein geradezu absurd!

Die Versender freuen sich über solche Zuwendung. Sie selbst können die verschiedenen Angebote derzeit ja zur besten Sendezeit in den Werbespots sehen, in denen sie ihre Rabatte anpreisen. Es geht nicht mehr um Arzneimittelsicherheit, es geht nur noch um Geld! Jetzt heißt es schnell zu handeln. Denn jede geschlossene Apotheke wird nicht mehr aufmachen. Die Arbeitsplätze dort sind dann ebenso für immer weg wie die Versorgung der dortigen Einwohner. Professor Lauterbach will dagegen Änderungen bei der Honorierung noch vor der Wahl. Er spielt auf Zeit, die wir nicht haben.

Daher habe ich zum Schluss eine herzliche Bitte: Kennen Sie persönlich Bundestagsabgeordnete? Dann sprechen Sie diese bitte an und erklären Sie Ihnen unsere Situation. Es brennt – zum Schaden der Arzneimittelsicherheit (und damit auch der Patienten) und zum Schaden von uns PTA in den Apotheken. Auch wir nutzen jeden sich bietenden Kanal für unsere politische Arbeit. Unser offener Brief an alle Abgeordneten war ein wichtiger Schritt. Jetzt müssen viele weitere folgen!

Sabine Pfeiffer