Pressemitteilung des BVpta e.V. zum Kabinettsentwurf des Bundes-gesundheitsministeriums zum Apothekenversorgungs-Weiterentwicklungsgesetzes (ApoVWG)
Während einzelne Reformansätze grundsätzlich in die richtige Richtung weisen, bleiben zentrale Punkte unklar, unausgegoren oder wurden erneut vertagt.
Honorarfrage erneut verschoben – ein fatales Signal
Mit großem Unverständnis reagiert der BVpta e.V. auf die erneute Vertagung der Honoraranpassung für Apotheken. Dass die wirtschaftliche Stabilisierung der Apotheken erneut auf „das nächste Jahr“ verschoben wird, ist angesichts der dramatisch wirtschaftlichen Lage der Apotheken vor Ort nicht mehr vermittelbar.
Gerade am Tag der bundesweiten Protestaktion „Versorgungsblackout“ wird damit deutlich: Die strukturellen Probleme sind erkannt, politisch gehandelt wird dennoch nicht konsequent.
Die wirtschaftliche Lage der Apotheken ist dramatisch. Eine weitere Vertagung der Honorarfrage ist unerträglich, für Apothekerinnen und Apotheker ebenso wie für die Apothekenteams insgesamt. Wenn Apotheken schließen, gehen Arbeitsplätze verloren und die Versorgung bricht weg.
Der BVpta e.V. stellt klar: Die Stärkung der Apothekerschaft ist auch im Interesse der PTA.
PTA-Vertretung: Gute Idee, aber schlecht umgesetzt
Besonders kritisch bewertet der BVpta e.V. die nun im Kabinettsentwurf vorgesehene PTA-Vertretung ausschließlich in ländlichen Regionen und nur im Rahmen einer „praktischen Erprobung“. Diese Differenzierung ist aus Sicht des Verbandes fachlich nicht nachvollziehbar und politisch problematisch: Eine PTA ist nicht besser oder schlechter qualifiziert, weil sie auf dem Land oder in der Stadt arbeitet. Kompetenz hängt nicht vom Standort/Wohnort, sondern von Ausbildung, Berufserfahrung und gezielter Weiterqualifizierung ab.
Die Beschränkung auf ländliche Regionen vermittelt den Eindruck, dass dort geringere fachliche Maßstäbe gelten und das ist inakzeptabel.
Es ist völlig unverständlich, warum eine PTA in der Großstadt eine Tätigkeit nicht verüben darf, die einer PTA im ländlichen Raum zugetraut wird. Das spaltet Berufsgruppen und Regionen und löst kein einziges Versorgungsproblem und gefährdet die Akzeptanz der Reform!
Keine Erprobung ohne klare Qualifizierung und vor allem nicht ohne Vergütung!
Die nunmehr für die Vertretung festgelegten Voraussetzungen sind völlig unzureichend. Die Regelungen zur PTA-Vertretung werfen ernsthafte Fragen auf: insbesondere mit Blick auf Qualifikation, Vergütung und die grundsätzliche Zielrichtung der Reform. Besonders kritisch bewerten wir, dass die ursprünglich vorgesehene zweijährige berufsbegleitende Weiterqualifizierung vollständig entfallen ist. Stattdessen soll eine PTA bereits nach formaler Berufserfahrung und interner Einweisung durch die Apothekenleitung zur Vertretung befugt sein. Mehr Verantwortung ohne verbindliche Weiterbildung ist keine Aufwertung, sondern eine Abwertung unseres Berufes. Wer PTA ernsthaft stärken will, muss in Qualifikationen investieren, nicht sie streichen. Die nun vorgesehene “praktische Erprobung” bleibt inhaltlich vage und ersetzt kein strukturiertes, bundesweit einheitliches Qualifikationskonzept.
Anstatt ein klares Anforderungsprofil für die Vertretung zu schaffen, werden Parameter zugrunde gelegt, die sich einer objektivierbaren Nachvollziehbarkeit entziehen. Welche langjährige berufliche Erfahrung in welchen Tätigkeitsbereichen ist erforderlich? Und was ist mit langjährigen Teilzeitbeschäftigten? Land ja, Stadt nein?
Ebenso unverständlich ist die im Entwurf vorgesehene “6-Kilometer-Regel”, nach der im Umkreis keine weitere Apotheke vorhanden sein darf. Wie werden diese 6 Kilometer eigentlich berechnet: Luftlinie, Fahrstrecke, Verwaltungsgrenze? Und mit welcher fachlichen Begründung? Diese Regel wirkt willkürlich und realitätsfern: In ländlichen Regionen können sechs Kilometer eine kurze Strecke sein oder unüberwindbar. In Ballungsräumen schließen sechs Kilometer teilweise dutzende Apotheken aus. Die Versorgungssituation hängt nicht von Kilometern, sondern von Personal, Öffnungszeiten, Erreichbarkeit und Infrastruktur ab. Die 6-Kilometer-Grenze suggeriert eine objektive Steuerung, ist in der Praxis aber weder sachgerecht noch nachvollziehbar. Sie ersetzt keine echte Versorgungsanalyse, sondern schafft neue Ungleichbehandlungen.
Der BVpta e.V. stellt klar: Qualifikation und Verantwortung dürfen nicht an geografischen Zufälligkeiten festgemacht werden.
Der BVpta fordert weiterhin, dass die Ausgestaltung der notwendigen Fort- und Weiterbildungsinhalte transparent, praxisnah und unter Einbindung der Berufsvertretungen erfolgt. Die zweieinhalbjährige PTA-Ausbildung bildet eine solide Grundlage – zusätzliche Anforderungen müssen realistisch, einheitlich und bundesweit nachvollziehbar geregelt werden.
Dazu gehören klare rechtliche Rahmenbedingungen, faire Vergütung und eine frühzeitige Einbindung der Berufsverbände in die weiteren Verordnungsprozesse.
Der BVpta e.V. lehnt eine unscharfe „Erprobung“ der PTA-Vertretung entschieden ab.
Eine tageweise, zeitlich begrenzte Vertretung kann nur dann verantwortungsvoll umgesetzt werden, wenn sie an klare Voraussetzungen geknüpft ist:
- verbindliche, bundesweit einheitliche Weiterqualifizierung
- klare Abgrenzung zwischen Vertretung und Leitung
- angemessene finanzielle Anerkennung der zusätzlichen Verantwortung
Der BVpta appelliert an das Bundesgesundheitsministerium, die PTA-Vertretung nicht als kurzfristiges Experiment zu betrachten, sondern als Chance für eine nachhaltige Weiterentwicklung der pharmazeutischen Berufe.
Mehr Verantwortung ohne Qualifizierung und ohne angemessene Vergütung ist keine Aufwertung, sondern eine Verschiebung von Verantwortung nach unten und erinnert doch sehr stark an Denkweisen von Herrn Lauterbach. Hier geht es anscheinend nicht nur um Versorgungssicherung, sondern auch um Personalkosten. Und genau das nährt den Eindruck, dass PTA als billigere Ersatzkräfte eingeplant werden sollen. Wir sind keine billigen Ersatzkräfte!
Eine PTA darf nicht zur Lückenbüßerin für strukturelle Versäumnisse gemacht werden, weder in der Stadt noch auf dem Land.
Aufwertung ohne Konfrontation – klare Regeln ohne Alarmismus
Der BVpta e.V. bekennt sich ausdrücklich zu einem wertschätzenden Miteinander innerhalb der Apothekenwelt. Die Weiterentwicklung des PTA-Berufs darf nicht gegen Apothekerinnen und Apotheker ausgespielt werden. Gleichzeitig braucht sie klare gesetzliche Leitplanken, damit neue Kompetenzen nicht missverstanden oder instrumentalisiert werden.
Wir wollen Aufwertung ohne Konfrontation und klare Regeln ohne Alarmismus. PTA und Apothekerschaft gehören zusammen. Nur gemeinsam lässt sich die Versorgung sichern.
Apotheken brauchen eine sofortige wirtschaftliche Stabilisierung. Diese darf aber nicht dadurch erkauft werden, dass Verantwortung nach unten delegiert wird, ohne Qualifikation, ohne Bezahlung, ohne klare Perspektive!
Der BVpta e.V. fordert das Bundesgesundheitsministerium daher auf, den Gesetzentwurf nachzubessern:
- klare, verbindliche, bundesweit einheitliche Qualifizierungswege für PTA statt regionaler Experimente
- Aufhebung der willkürlichen Land-Stadt-Differenzierung
- faire Vergütung für zusätzliche Verantwortung
- eine sofortige wirtschaftliche Stabilisierung der Apotheken
- und eine klare Abgrenzung: Vertretung darf niemals Leitung ersetzen
FAZIT: Die Aufwertung ohne Konfrontation ist unser Ziel, aber klare Regeln ohne Alarmismus bedeuten auch: klare rote Linien. PTA sind keine Notlösung und keine Sparmaßnahme. Wer uns mehr Verantwortung zutraut, muss uns auch entsprechend qualifizieren und bezahlen!
Pressemitteilung des BVpta e.V. zum Kabinettsentwurf des BMG