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Ein klares Ja zur Digitalisierung – mit Augenmaß


Ein Kommentar von Bettina Schwarz zur weiteren Digitalisierung im Gesundheitswesen und deren Auswirkung auf die Arbeit von Apotheken.

Vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie war der Ausbau der Digitalisierung im Gesundheitssystem das prioritäre Ziel von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn. Der Unionspolitiker hat dafür in seinem Ministerium eine eigene Abteilung geschaffen und dem Staat sogar in der dafür zuständigen gematik die Mehrheit der Stimmen gesichert. Ihm ging alles zu langsam, zu schwerfällig und den immer wieder erkennbaren Brems-Versuchen durch die jeweiligen Akteure wollte er einen Riegel vorsetzen. Jetzt gibt es klare Zeitvorgaben. Und wenn eine Gruppe diese nicht einhält, drohen Sanktionen. Beliebter ist das Thema dadurch allerdings nicht geworden. Den Ärzten beispielsweise droht mit der elektronischen Patientenakte eine völlig neue Form der Transparenz, da ihr Handeln künftig von jedem Kollegen bis ins kleinste Detail nachvollzogen werden kann.

Bei den Apotheken ergibt sich ein gemischtes Bild. Denn seit langem gibt es keinen anderen Zweig im Gesundheitswesen der die Digitalisierung so konsequent umgesetzt hat wie sie. Jüngstes Beispiel ist das securPharm-System, mit dessen Hilfe die Fälschungssicherheit in der legalen Vertriebskette garantiert werden kann. Aber auch einige Zukunftsprojekte der Apotheken brauchen mehr Digitalisierung, um erfolgreich eingeführt zu werden. Dies gilt beispielsweise für die Medikationsanalyse, die natürlich effizienter ist, wenn jede Apotheke einsehen kann, welche Arzneimittel ein Kunde verordnet bekommen oder in Selbstmedikation gekauft hat – dies aber natürlich nur, wenn der Patient in jedem einzelnen Fall zustimmt.

Etwas kniffliger ist da das elektronische Rezept. Denn natürlich macht dies den Arzneimittelbezug via Versandhandel noch einmal deutlich einfacher. Ob dieser tatsächlich zumindest für den rezeptpflichtigen Bereich erneut verboten wird oder nicht, steht immer noch in den Sternen. Unabhängig davon braucht es aber mindestens eine klare Regel für das E-Rezept: Auch künftig muss sichergestellt sein, dass ausschließlich der Patient entscheidet, von welcher Apotheke er seine Medikamente bekommen möchte. Direkte Zuweisungen – sei es durch den Arzt oder die Krankenkasse – müssen also auch weiterhin verboten bleiben.

Eigentlich gelten für die Digitalisierung die gleichen Vorgaben wie für alle anderen Innovationen im Gesundheitssystem: Sie sind und dürfen niemals zum Selbstzweck werden. Jede Anwendung und auch jede App machen nur dann Sinn, wenn sie die Gesundheitsversorgung verbessern sowie dem Patienten und den Gesundheitsberufen nutzen. Mit dieser klaren Haltung geht der BVpta in entsprechende Gespräche und Verhandlungen.

Mehr Information und auch mehr Transparenz haben noch niemandem geschadet. Mehr Kontrolle oder direkte Einflussnahme auf Behandlungswege durch Dritte dagegen schon. Letzteres muss unbedingt verhindert werden. Der BVpta sagt also ein klares Ja zur Digitalisierung – wenn diese Voraussetzungen beachtet und die entsprechenden Projekte mit dem nötigen Augenmaß umgesetzt werden.

Bettina Schwarz

 

(16.07.2020)
Foto: Lincoln Rogers – Fotolia