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BVpta zum Europäischen Gerichtshof: Jetzt politisch Handeln!


Eine schallende Ohrfeige haben am 19. Oktober alle bekommen, die sich in Deutschland für eine sichere Versorgung mit Medikamenten und für Arzneimitteltherapiesicherheit einsetzen.

Das Urteil des Europäischen Gerichtshofes zur Freigabe von Skonti und Rabatten auf rezeptpflichtige Arzneimittel trifft nämlich nicht nur die Apotheker und uns PTA. Die fünf Luxemburger Richter haben damit auch den erst kürzlich bekräftigten Willen der Bundesregierung ignoriert und einem eindeutigen Urteil des gemeinsamen Senats der obersten Bundesgerichte widersprochen.

Damit wurde dem freien Warenverkehr mehr Bedeutung zugemessen als dem Gesundheitsschutz, über den jeder Mitgliedsstaat, also auch Deutschland als das größte Land der EU, eigentlich allein und frei entscheiden kann. Spätestens jetzt rächt sich fatal, dass der Versandhandel auch mit rezeptpflichtigen Medikamenten 2004 in vorauseilendem aber unbegründetem Gehorsam freigegeben und Arzneimittel damit zur reinen Ware degradiert wurden.

Besonders zynisch, besser völlig absurd ist die Begründung für das Urteil. Der EuGH sah es indirekt als Wettbewerbsnachteil für die Versender an, dass sie keine direkte Beratung und keinen Notdienst leisten können. Dass wir in den Apotheken vor Ort dies tun (wollen und müssen!), sei dagegen unser Wettbewerbsvorteil. Daher ist es nach Ansicht der europäischen Richter auch schlüssig, dass Patienten Geld dafür bekommen, dass sie auf diese für die Apotheken kostenintensive Leistung zum Nutzen ihrer Gesundheit verzichten. Es ist wohl nur noch eine Frage der Zeit, bis die ersten „Kunden“ sich bei uns beraten lassen, um dann im Internet mit ihrer Bestellung zu Lasten der Krankenkassen Geld zu verdienen.

Man soll eigentlich keine Richterschelte betreiben. Aber das, was der EuGH da – rechtskräftig – abgeliefert hat, zeugt von einem völligen Unverständnis unseres Gesundheitswesens, das im Vergleich zu vielen anderen europäischen Systemen geradezu vorbildlich funktioniert. Gerechnet hat damit anscheinend niemand der Verantwortlichen: weder die ABDA, noch die Parteien oder die Bundesregierung. Verloren ist aber (noch) nichts. Denn in Deutschland gilt das Rabattverbot weiterhin. Versandapotheken hierzulande wollen dies zwar jetzt geändert wissen. Das ist aber der falsche Weg. Es reicht auch nicht, die Beratung gesondert zu honorieren, wie es etwa der SPD-Politiker Karl Lauterbach vorschlägt. Die ausländischen Versandhändler haben mit ihrer Klage noch einmal völlig klar gemacht, welches Geschäftsmodell sie verfolgen: Sie wollen mit dem geringsten möglichen Aufwand möglichst viel Kasse machen. Wenn unser Gesetzgeber weiterhin eine hochwertige Arzneimittelversorgung mit höchstem Patientenschutz will, hat er jetzt nur eine Alternative: Er muss den Versandhandel mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln wieder verbieten. Das hat der EuGH ausdrücklich erlaubt und das kann auch schnell umgesetzt werden. Denn aktuell ist das Arzneimittelversorgungsstärkungsgesetz in der politischen Diskussion. Hier kann Deutschland die einzig passende Antwort auf das unverständliche Urteil aus Luxemburg geben.

Sabine Pfeiffer

 

 

(Bild: iStockPhoto.com/FotografiaBasica)